Er hatte genau einen Traum vor Augen, schon als Kind: Einmal in der DDR-Oberliga spielen. Dort, wo seine Vorbilder wie Rekordspieler Hans-Jürgen Dörner aktiv waren. Und dem hat der kleine Sven Kmetsch fortan alles untergeordnet. Es begann mit Fahrradfahrten zum Dorfverein, führte über lange Wege bis in die Sportschule Dresden und endete in vielen, vielen Entbehrungen. „Ich habe in meiner Jugend viel Aufwand betrieben und auf viel verzichtet, um dieses Ziel zu erreichen“, blickt der heute 47-Jährige auf seine vielleicht prägendste Zeit zurück: „Die Anfänge auf meinem Weg waren schon sehr wichtig. Und da haben ich meinen Eltern einen großen Teil zu verdanken, die mich immer unterstützt haben!“ Kmetsch blieb, obwohl es ein steiniger Weg war, aber stets geradlinig und erreichte dadurch auch seine Ziele.

Mit dem Mauerfall ging die Reise noch weiter, Dynamo Dresden qualifizierte sich zur Bundesliga und Kmetsch war im Oberhaus des deutschen Fußballs angekommen. Mit seiner kampfbetonten, leidenschaftlichen Art wurde er auf den Plätzen der Topclubs zur „Drecksau“, wie er selbst sagt, räumte im Mittelfeld rigoros ab und lebte über 90 Minuten von seiner Emotionalität. „Zuhause war ich dann der Typ, der einfach seine Füße hochgelegt hat und sich ausgeruht hat, um beim nächsten Mal wieder mein aufwendiges Spiel betreiben zu können“, unternahm der 1,78 Meter groß Gewachsene nur selten etwas und konzentrierte sich stattdessen ganz auf den Sport. Und diese Einstellung brachte ihn bis in die Nationalmannschaft. „Ich dachte, ich wäre im falschen Film, ich habe das in dem Moment gar nicht wirklich realisiert. Du schaust nach links, da steht Olaf Thon, dann schaust du nach rechts und da steht Jürgen Klinsmann, der sein 100. Länderspiel bestreitet. Und ich mittendrin“, kann sich der zweimalige Nationalspieler noch genau an den Moment erinnern, als er im Dortmunder Westfalenstadion das erste Mal die Hymne hörte.

Ein ganz besonderes Kapitel stand Sven Kmetsch aber noch bevor. Er wurde unfreiwillig Teil eines drehbuchreifen Krimis, über den Fußballdeutschland auch Jahrzehnte später noch spricht. Mit Schalke 04 wurde er in der Saison 2000/01 „Meister der Herzen“, erlebte die Momente hautnah mit, als die Blau-Weißen die Meisterschaft in letzter Sekunde an den FC Bayern verloren. „Das kann man gar nicht in Worte fassen, da muss man dabei gewesen sein. Nach Spielende waren alle schon am Feiern, alle Fans standen auf dem Platz, waren am Jubeln. An die nächste Situation an die ich mich so recht erinnern kann, war, dass fast die gesamte Mannschaft im Trainerbüro auf dem Boden hockte und die letzten Sekunden der Bayern-Partie im Fernsehen verfolgte. Und dann fiel das Tor für den FCB. Es herrschte totenstille, mehreren kamen auch die Tränen“, war das ein bitterer Moment im emotionalen Nichts für Kmetsch.

Doch nur drei Tage später folgten die ersten Schritte der Rehabilitation: „Der Trainer hatte uns frei gegeben, um alles zu verdauen. Als wir dann dienstags zum Training wieder auf den Platz gehen wollten, standen tausende Fans um den Platz herum und hatten ein Spalier gebildet, durch das wir gegangen sind, während die Anhänger uns applaudiert haben“, war das ein „unbeschreiblicher Moment“ für den Mittelfeldmann, „den er nie vergessen wird“. Mit neu gewonnenem Mut setzten sich die Schalker am Samstag darauf  im DFB-Pokal-Finale durch und schafften einen weiteren wichtigen Schritt für die mentale Verarbeitung. Nach vier weiteren Jahren auf Schalke folgte im Sommer 2005 aufgrund von Verletzungen das Karriereende. Doch Kmetsch blieb dem Fußball treu und erhielt vom Verein die Chance, eine Umschulung zum Trainer zu machen. Er nahm das Angebot an und wurde Co-Trainer bei der Schalker Zweitvertretung.

Nach mehreren Stationen ist der A-Lizenz-Inhaber jetzt beim SC Preußen angekommen, wieder vereint mit seinem Trainerpartner Benno Möhlmann. „Benno Möhlmann ist ein sehr menschlicher Coach, mit dem man über alles sprechen kann und der sehr viel Erfahrung besitzt. Und, trotz seiner emotionalen Art an der Seitenlinie, analysiert er alles ganz sachlich. Das zeichnet ihn aus“, kennen sich die beiden aus einer gemeinsamen Zeit beim HSV, als Chefcoach Möhlmann den jungen Kmetsch aus Dresden in die Hansestadt lotste. „Diese Beziehung gab es also auch schon. Jetzt bin ich das Bindeglied zwischen dem Trainer, der natürlich ein bisschen distanzierter zur Mannschaft ist, und eben dem Team, an dem ich näher dran bin. Aber da kann ich auch gut zwischen Kumpelsein und Professionalität unterscheiden“, hat sich der ehemalige Vollblutprofi in seiner neuen Rolle und auch bei den Preußen bestens eingelebt: „Münster ist eine schöne Stadt, die mir sehr gut gefällt. Der Verein an sich ist sehr familiär und es macht einfach Spaß, hier zu arbeiten. Für mich war das der richtige Schritt. Und hier ist sicherlich auch noch einiges möglich – aber ohne sportlichen Erfolg läuft natürlich nichts.“

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