Der SV Waldhof Mannheim war 25 Spiele in Folge auswärts ungeschlagen. Am Samstagnachmittag folgte der 26. Streich, nach dem es eigentlich lange nicht ausgesehen hatte. Früh waren die Adlerträger in Führung gegangen, kassierten in einer ihrer besten Phasen den Ausgleich, um dann deutliche Zerfallserscheinungen zu zeigen, die in insgesamt drei Gegentreffern binnen fünf Minuten und einer brutal schmerzhaften 1:3-Niederlage mündeten. Dass das 1:2 aus Abseitsposition fiel, dürfte niemanden trösten.
Die Fans hatten an diesem Nachmittag alle Register gezogen. Fanmarsch zum Stadion, Fahnenchoreo, Aufmunterung. „Tausende Preußen glauben daran, dass uns heute keiner schlagen kann“, stand unübersehbar auf einem Transparent. Ein weiteres Banner „Gemeinsam unten raus“ trugen die Spieler vor dem Abpfiff über den Rasen und übergaben es schließlich an die Kurve. Die Hoffnung der Fans wurde enttäuscht und doch folgte eine starke Reaktion. „Die Fans hatten jeden Grund enttäuscht von uns zu sein. Trotzdem haben sie nach Abpfiff eine großartige Reaktion gezeigt, uns aufgemuntert und gesagt, dass es nur gemeinsam zu schaffen ist. So etwas habe ich noch nie erlebt“, sagte Ole Kittner nach Abpfiff.
Personelle Änderungen in fast allen Mannschaftsteilen
Preußencoach Sven Hübscher sah nach dem schwachen Auswärtsauftritt seines Teams in Zwickau Handlungsbedarf und stellte in nahezu allen Mannschaftsteilen um, blieb dem zuletzt gespielten 4-2-3-1 aber treu. Max Schulze Niehues kehrte zurück zwischen die Pfosten, verdrängte also seinen Kontrahenten Oliver Schnitzler. Die davor formierte Abwehrreihe mit Julian Schauerte, Ole Kittner, Simon Scherder und Niklas Heidemann blieb unverändert. Auf der Doppelsechs lief Kevin Rodrigues Pires, der zuletzt nicht mehr erste Wahl war, neben Fridolin Wagner auf. Das bedeutete gleichzeitig das Aus für Okan Erdogan. Seref Özcan, Heinz Mörschel und Philipp Hoffmann bildeten das Dreier-Mittelfeld, in der Spitze setzte sich Luca Schnellbacher gegen Rufat Dadashov durch.
Auftakt nach Maß
Viel besser hätte es im Preußenstadion zu Beginn nicht laufen können. Über die rechte Seite kam das Spielgerät in den Strafraum, die Mannheimer Klärungsversuche scheiterten, Hoffmann setzte energisch nach und schob das Leder über die Linie – 1:0. Sieben Minuten waren da erst gespielt. Das sollte doch Selbstvertrauen geben. Doch in einigen Situationen war die Verunsicherung der Elf auf dem Rasen dennoch zu spüren. Und da war ja auch noch ein Gegner, der sich keineswegs versteckte und auf Münsteraner Fehler lauerte.
Und Fehler gab es reichlich zu sehen, dazu trugen die widrigen Platzverhältnisse maßgeblich bei. Angesichts des schwer bespielbaren Untergrundes büßte die Partie zunehmend an Qualität ein, was sich vor allem in mangelnder Passgenauigkeit und vermeidbar anmutenden Abspielfehlern niederschlug. Der sehr unebene Rasen und ein schwer kontrollierbarer Ball machten einen geordneten Spielaufbau sehr schwer. Ein Abschluss aus Abseitsposition durch Deville, ein Freistoß über das Tor – viel hatte der SV Waldhof im ersten Durchgang nicht entgegenzusetzen. Dann war Halbzeit in einem Spiel auf überschaubarem Niveau. Abstiegskampf.
Gute Szenen und Zerfallserscheinungen nach der Pause
Nach einer Stunde hatten die Preußenfans schon den erneuten Torjubel auf den Lippen, als Schnellbacher nach einer zunächst abgewehrten Ecke am höchsten stieg und mit viel Druck auf den Kasten köpfte. Im Netz zappelte das Leder aber leider nicht, weil ein Mannheimer das Ding noch von der Linie kratzte. Zehn Zeigerumdrehungen später hatte Schnellbacher erneut das 2:0 auf dem Kopf, bekam aber den Ball nicht optimal verwertet und köpfte neben das Tor.
Genau in dieser Drangphase der Adlerträger zeigten sich die Mannheimer unerbittlich – ja gnadenlos. 72. Minute Ausgleich durch Bouziane. 73. Minute 1:2 durch Diring. 76. Minute 1:3 durch Schultz. Der SCP machte einfach alles falsch, was man falsch machen konnte und zerfiel binnen weniger Minuten in seine Bestandteile. Es war ein Schock. Für Spieler. Für Verantwortliche. Für die Fans. Alarmstufe Rot bei nun sieben Zählern Rückstand auf Rang 15.
Stimmen zum Spiel
Malte Metzelder: „Die Enttäuschung ist natürlich auch bei mir sehr groß. Aber ich muss dieses Spiel erst einmal sacken lassen. Deshalb biete ich Personaldebatten jetzt keinen Raum. Aber klar ist auch: Wir stecken seit Wochen tief im Abstiegskampf. Da wird auch nichts schöngeredet. Aber das Motto muss lauten, dass Aufgeben keine Option ist.“
Sven Hübscher: „Wir können durch Schnellbacher das 2:0 machen, kassieren dann aber das 1:1 und nur kurz darauf zwei weitere Tore. Das sind Nackenschläge, von denen du dich nicht erholst. Für mich war die vergebene Chance zum 2:0 heute der Knackpunkt im Spiel.“
Bernhard Trares (Gästetrainer): „Das 1:0 hat Münster in die Karten gespielt. Gefährlich wurden wir danach nicht. Unser Ausgleich hat die Moral von Münster gebrochen. Am Ende haben wir verdient gewonnen, weil wir zum optimalen Zeitpunkt drei Tore gemacht haben.“
Schulze Niehues: „Wir sind dem 2:0 näher als der Gegner dem Ausgleich. Das 1:1 ist wie ein Messerstich ins Herz. In unserer Phase so ein Tor zu verkraften ist offenbar sehr, sehr schwierig. Alles sehr bitter, denn wir haben eigentlich kein schlechtes Spiel gemacht.
Daten zum Spiel
Auftsellung SCP: Schulze Niehues – Schauerte, Kittner, Scherder, Heidemann – Wagner, Rodrigues Pires – Özcan (Cueto), Mörschel, Hoffmann (Dadashov) – Schnellbacher
Aufstellung SVW: Königsmann – Marx, Seegert, Schultz, Conrad – Schuster, Schristiansen – Deville, Korte, Diring – Koffi
Tore: 1:0 Hoffmann (7.) 1:1 Bouiane (72.) 1:2 Diring (74.) 1:3 Schultz (77.)
Gelbe Karten: Schauerte, Schnellbacher, Schulze Niehues, Kittner / Schuster
Schiedsrichter: Mitja Stegemann
Zuschauer: 6.053