Das war Werbung für den Westfalenliga-Fußball und keiner der Zuschauer, der zu ungewohnt später Anstoßzeit ins Jugendstadion gekommen war, dürfte auch nur eine Sekunde bereut haben. Denn die Partie zwischen der U23 des SC Preußen und dem SC Herford bot beim 5:3 (3:1) nicht nur viele Tore, sondern auch sonst alles, was ein spannendes Fußball-Drehbuch bereithält: Einen Elfmeter, ein Eigentor, einen Platzverweis, strittige Schiedsrichterentscheidungen, vor allem aber ganz viel Leidenschaft von beiden Teams.
Leidenschaftlich ging es auch an der Seitenlinie zu, wenngleich dort einer fehlte: Coach Sören Weinfurtner musste das Kommando krankheitsbedingt seinem Co Kieran Schulze Marmeling überlassen, der die Elf auf dem Platz energiegeladen dirigierte und schon unter der Woche das Training ohne Weinfurtner leiten musste. Ihm zur Seite stand als ruhiger Counterpart Dennis Schunke – mittlerweile Teammanager der Zweiten Mannschaft – der noch einmal in seine ‚alte‘ Rolle als Co-Trainer schlüpfte.
„Unsere erste halbe Stunde war bärenstark und wir waren völlig verdient mit 3:0 vorne. Nach dem dummen Gegentor wünschen wir uns dann aber schon, dass wir das noch besser wegkontrollieren. Aber von der Leidenschaft her, war das heute sensationell. Auch als es dann fußballerisch immer weniger wurde, haben wir alles in die Partie reingehauen“, war Schulze Marmeling kurz nach Abpfiff begeistert von der Leistung seiner Schützlinge.
Den Grundstein für diesen bemerkenswerten Auftritt legte die U23 schon früh. Nicht etwa, weil Luca Steinfeldt seine Farben schon nach 13 Minuten per Foulelfmeter in Führung brachte, sondern vielmehr durch ein von Beginn an konsequentes aggressives Auftreten. Ein schnell ausgeführter Freistoß von Freddy Böhmer ebnete nach 25 Zeigerumdrehungen den Weg zum 2:0, weil Ismail Budak abstaubte, nachdem Fabian Kerelaj noch am Pfosten scheiterte. Nur wenig später (29.) legte Kerelaj dann selbst nach und erhöhte auf 3:0. Alles lief für souveräne Preußen, die einen ebenfalls starken Gegner aus Ostwestfalen absolut im Griff hatten und nichts zuließen.
Dass Torwart Stephan Tantow dann doch hinter sich greifen musste, hatte der ansonsten bestens aufgelegte Schlussmann sich selbst zuzuschreiben, weil er in dieser Situation mit dem Ball am Fuß zu leichtfertig agierte und Gegenspieler Martin Fuhsy zum 1:3 einlud. Ach ja: Martin Fuhsy! Der hatte noch eine ganz besondere Szene. Fünf Minuten vor dem Seitenwechsel ließ er sich in einer Rudelbildung zu einer Tätlichkeit hinreißen. Weil das an diesem Abend nicht immer souveräne Schiedsrichtergespann um Ramazan Sahin zum Entsetzen der Preußenbank nichts von alledem bemerkt hatte, ging der 24-Jährige straffrei aus.
Plötzlich war er da, der berüchtigte Bruch im Spiel – auch weil Herford zwei Minuten nach Wiederanpfiff der Anschlusstreffer gelang. Genauer gesagt weil SCP-verteidiger Frederic Böhmer eine scharfe Hereingabe ins eigene Tor lenkte (48.). Die Jungsadler kamen nun immer mehr ins Schwimmen, schwankten gewaltig, kenterten aber trotz des Drucks des routinierten Gegenübers nicht. Im Gegenteil: Trotz großer Probleme verschafften sich die Adlerträger durch das 4:2 etwas Luft (60.). Steinfeldt hatte seine individuelle Klasse ausgespielt, drei Gegenspieler alt aussehen lassen und abgeklärt eingenetzt. Trotz Unterzahl – Böhmer sah eine Viertelstunde vor Schluss Gelb-Rot – gelang Samy Benmbarek in einem jetzt offenen Schlagabtausch das 5:2 (79.). Da blieb der dritte Treffer der Gäste (82.) – wieder war es Fuhsy – nur Ergebniskorrektur.
Aufstellung SCP: Tantow – Voß, Böhmer, Borgmann, Grütering – Burchardt, Budak (69. Sammerl) – Kriwet, Kerelaj, Stoll – Steinfeldt (83. Ash).
Tore: 1:0 Steinfeldt (FE, 13.) 2:0 Budak (25.) 3:0 Kerelaj (29.) 3:1 Fuhsy (33.) 3:2 Böhmer (ET, 48.) 4:2 Steinfeldt (60.) 5:2 Benmbarek (79.) 5:3 Fuhsy (82.)