An dieses Spiel werden sich wohl nur die ältesten und hartgesottensten Preußenfans erinnern. Am 30. Juli 1995 trafen die Adlerträger in der damaligen Regionalliga West/Südwest vor 2.700 Zuschauern an der Hammer Straße auf die SG Wattenscheid 09 II. Die Münsteraner gewannen an diesem 1. Spieltag mit 3:1 und landeten am Ende der Spielzeit irgendwo im Mittelfeld. Doch bei diesem Spiel nahm eine ganz andere Geschichte ihren Lauf: Denn es war das erste Spiel, das Martin „Kerni“ Kehrenberg als Stadionsprecher begleitete. Dass weitere 599 folgen sollten, konnte damals niemand ahnen – er wohl am allerwenigsten. Doch genauso kam es. Am vergangenen Samstag, beim Heimspiel gegen den Schalke 04, machte Kerni zum 600. Mal den Ansager auf und neben dem Spielfeld – 30 Jahre nach seinem ersten Einsatz.

Seine Frau Michaela, die er schon 1990 kennenlernte, war von Anfang an dabei und führte Buch über all die Pflichtspieleinsätze, die da noch kommen sollten. Vor dem Schalke-Spiel wurde Kerni kurz und beinahe unauffällig geehrt, denn die Zeit vor den Spielen ist sekundengenau getaktet und da muss sich selbst die eigene Ehrung möglichst störungsfrei einreihen. Dass dann ausgerechnet BVB-Geschäftsführer Carsten Cramer das von der Mannschaft unterschriebenen Trikot überreichte, während sich im Hintergrund die Schalker aufwärmten, hatte natürlich auch einen besonderen Hintergrund. Denn Cramer, der heute die Geschicke bei Borussia Dortmund mitgestaltet, war bis 1995 auch Geschäftsführer und Stadionsprecher beim SCP und übergab vor drei Jahrzehnten den Staffelstab an seinen Nachfolger.

Beim Blick zurück und auf die Frage, welches denn das besonderste aller Spiele war, muss Kerni keine Sekunde überlegen: Das Pokalspiel gegen Werder Bremen. Die Hitzeschlacht von 2012. Doch auch das letzte Spiel, das gerade mal eine paar Tage zurückliegt, wird sich tief in die eigene Erinnerung einbrennen. „Nicht nur, weil es das 600. Spiel war, sondern weil eine ganz besondere Atmosphäre herrschte und die Partie sinnbildlich für die erfolgreiche Rückkehr in die 2. Bundesliga stand“, sagt Kerni. Denn die Rückkehr in die 2. Liga, die er nur als Fan in der Kurve kannte, war über all die Jahre und all die Höhen und Tiefen der große Traum, der nun endlich in Erfüllung gegangen ist.

Wie lange er den Job noch machen möchte? „Solange es geht und bis sie mich aus dem Stadion tragen.“ Bis dahin warten sicher noch viele außergewöhnliche Momente auf das Preußen-Urgestein, das längst nicht mehr wegzudenken ist. Zum Beispiel im neuen Stadion, dessen Umbauphase in wenigen Monaten beginnen wird. Besondere Wünsche für die neue Spielstätte hat er keine. Naja, vielleicht einen: „Hauptdache unten stehen und nicht irgendwo in einer Sprecherkabine.“ Sollte klappen, Kerni.

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