Ein Großteil ihrer Arbeit findet hinter den Kulissen statt und ist für die Preußenfans kaum sichtbar. Und doch sind zwei Personen seit vielen Jahren beim SC Preußen Münster nicht wegzudenken und leisten einen wertvollen Beitrag für den sportlichen Erfolg des Clubs. Angesichts ihrer beachtlichen Jubiläen ist es jetzt an der Zeit, ihre Arbeit einmal in den Mittelpunkt zu rücken und die beiden Mannschaftsärzte des Adlerclubs genauer vorzustellen. Bereits seit dem Jahr 2000 ist Dr. Cornelius Müller-Rensmann in dieser Funktion beim SCP tätig, auch Dr. Tim Hartwig ist seit stolzen 15 Jahren als Teamarzt aktiv. Beide feierten jetzt zu Jahresbeginn ihre Jubiläen und stellen damit wichtige Konstanten auf sensiblen Positionen dar.

Wie alles begann

„Bei mir war es damals ganz einfach: Ich bin von Stefan Grädler abgeworben worden. Ich war früher Vereins- und Mannschaftsarzt beim UBC und kannte Stefan. Als er Trainer beim SCP wurde, hat er mich zu den Preußen geholt“, blickt „Conny“, wie er im Kreise der Mannschaft gerufen wird, zurück auf Jahrtausendwechsel, als alles begann. Fünf Jahre später folgte Tim Hartwig und ergänzte das Team als Internist. „2005 war ich im Clemenshospital und dort in der Unfallchirurgie unter Dr. Horst Rieger. Ich hatte meine Ausbildung zum Sportmediziner bereits fertig und dann war es so, dass Horst Rieger, der schon seit Jahren Mannschaftsarzt beim SC Preußen war, mich fragte, ob ich ihm in dem medizinischen Stab zur Seite stehen könnte. Es war sicherlich sinnvoll, einen internistischen Part mit reinzunehmen.“

 

 Spieltage

Die Preußenfans bekommen die beiden Ärzte in der Regel nur zu Gesicht, wenn sie bei Heim- oder Auswärtsspielen im Einsatz sind und auf den Platz sprinten, um verletzte oder angeschlagene Spieler fachmännisch zu versorgen. Die Entscheidung, wer auf den Platz läuft, wenn beide vor Ort sind, hat dabei eine einfache Systematik: „Wir teilen uns das tatsächlich nach Halbzeiten auf. Die akute Betreuung am Spieltag läuft ohnehin facharztunabhängig, weil wir beide ausgebildete Notärzte sind. Da geht es dann um die Akutversorgung. Wenn wir abseits der akuten Notfallsituation gefragt sind, beziehen wir uns wieder auf unsere Fachrichtungen.“ Mit dem FIFA-Diplom für Fußballmedizin besitzen beide zudem die notwendige Qualifikation.

Um sich auf diese Momente bestmöglich vorzubereiten, ist es für die Ärzte während der Partien eine wichtige Aufgabe, das Spielgeschehen konzentriert zu verfolgen, wie Dr. Med. Conny Müller-Rensmann verrät: „Für uns ist es von Bedeutung zu sehen, wie der Unfall passiert, wie der genaue Vorgang war. Wie wird der Spieler gefoult? Wie stürzt der Spieler? Daraus kann man schon sehr gut erkennen, was passiert ist. Durch die Fifa gibt es inzwischen zudem die Regelung, dass wir einen Laptop oder ein Tablet auf der Bank haben dürfen, damit der Arzt das Spiel verfolgen und den Vorgang des Traumas sehen kann. Du kannst auch an der Reaktion manchmal schon erahnen, ob es ernsthaft ist oder nicht. Das aufmerksame Verfolgen des Spiels ist aber total wichtig und auch die Erfahrung zählt viel. Große Überraschungen gibt es nach 20 Jahren nicht mehr.“

„Geht’s weiter oder nicht? Wir suchen dann das kurze Gespräch und die Interaktion mit dem Spieler, um die Situation besser einschätzen zu können.“

Dr. Tim Hartwig

Auf dem Platz beim Spieler angekommen, steht in vielen Fällen zunächst eine Frage im Vordergrund, wie Tim Hartwig erklärt: „Geht’s weiter oder nicht? Wir suchen dann das kurze Gespräch und die Interaktion mit dem Spieler, um die Situation besser einschätzen zu können. In diesem Augenblick kann der Schmerz auch irreführen, dann ist es unsere Aufgabe, den Spieler zu beruhigen und – wenn die Verletzung nicht so schlimm ist – ihm Ruhe und Vertrauen zuzusprechen.“ In diesen kurzen Moment spielt ohnehin der psychologische Aspekt meist eine größere Rolle als die wirkliche Chance, große Heilvorgänge in Gang zu setzen: „Wenn der Arzt und der Physiotherapeut entscheiden, dass es weitergehen kann, ist das für den Spieler eine verlässliche Aussage und er geht auch wieder schnell auf 100 Prozent.“ Und wenn wirklich einmal eine schlimmere Verletzung vorliegt, ist es in jedem Fall notwendig, einen Arzt vor Ort zu haben.

 

Die Abläufe unter der Woche

Neben den Spieltagen nimmt auch die Behandlung unter der Woche viel Zeit in Anspruch. Wenn Spieler sich unwohl fühlen oder Probleme haben, die der Physio nicht behandeln kann, kommen die Ärzte ins Spiel: „Da haben wir in der medizinischen Abteilung eine klare Regelung. Der Spieler meldet sich zunächst beim Trainer und dem Physiotherapeuten. Der Physio meldet sich dann bei uns und der Spieler kommt, wenn es eben möglich ist, sofort zu Tim oder mir. In jedem Fall aber innerhalb von drei bis vier Stunden. Das ist zugegebenermaßen nicht immer einfach zu regeln und ein kleines Reizthema. Aber wenn man so einen Job innehat, dann muss man das so machen und in Kauf nehmen.“ Um bei dieser Thematik Abhilfe zu leisten, schieben die Docs auch außerhalb der normalen Öffnungszeiten Extraschichten, wie Conny Müller-Rensmann berichtet: „Sonntags mache ich gerne Sprechstunden. Nicht, weil ich sonntags so gerne arbeite, sondern weil das der einzige Tag ist, an dem ich mir jeden Spieler, der Probleme hat, in Ruhe anschauen kann. Das ist mir lieber als an einem Montag, der ohnehin schon voll ist.“

Licht und Schatten

Bei so vielen Dienstjahren als Mannschaftsarzt kommen natürlich jede Menge Erfahrungen und Erlebnisse zusammen, die einem im Kopf bleiben. Und auch das bringt der Job als Arzt mit: Es sind positive wie negative Momente. „Eine negative Sache war, als der gute Stephan Küsters im vollen Stadion einen hypoglykämischen Schock, also eine Unterzuckerung, erlitt und auf der Mittellinie umkippte und ins Koma fiel. Das war echt eine Sache die schxxxx war. Wir mussten ihm noch auf dem Platz eine Infusion legen“, erinnert sich Conny Müller-Rensmann. Wiederum für ein breites Grinsen sorgt weiterhin der Aufstieg im Jahr 2011, an den beide gerne zurückdenken: „Die ganze Saison war grandios, das war wunderschöner Aufstieg“, schwärmt Cornelius Müller-Rensmann und auch Tim Hartwig hat noch lebhafte Erinnerungen: „Der Wiederaufstieg war eine sehr schöne Zeit. Auch an die erfolgreichen Spiele im DFB-Pokal waren Highlights.“

Motivation

„Wir haben eine extrem enge Bindung zu vielen Spielern und sind auch mal der Beichtstuhl oder ein Lebensberater. Wenn du einen Spieler während einer Verletzung lange betreust, entsteht da eine unglaublich enge Beziehung. Für uns ist es dann eine riesen Belohnung und ein Erfolgserlebnis, wenn ein Spieler wieder spielt. Das kannst du mit Geld nicht bezahlen. Das ist das Schönste, was es in diesem Beruf gibt“, spricht aus Conny Müller-Rensmann der passionierte Arzt. Und auch für Tim Hartwig ist das spezielle Verhältnis zur Mannschaft etwas Besonderes: „Meine Arbeit spielt sich viel im Hintergrund ab. Was ich da so besonders finde, ist, dass ich in meiner hausärztlichen, internistischen Tätigkeit nicht nur die Spieler, sondern auch ihre Familien betreute und so sehr, sehr viel über den Background der Spieler erfahre. Durch diese Nähe und die allumfassende Betreuung der Familie entsteht ein großes Vertrauensverhältnis, das bei mir dafür sorgt, dass ich mich der Mannschaft so nahe fühle und intensiv über den Sport hinaus mitfühle.“

„Das ist eine unglaubliche innige Bindung zum Verein, die ich wie eine alte Liebe bezeichnen würde. Ich habe so viele Menschen, mit denen ich so eng bin und mit denen ich so viel zu tun habe.

Dr. Cornelius Müller-Rensmann

Neben der menschlichen Komponente ist auch der Profisport als spezielles Gebiet attraktiv für Tim Hartwig: „Es ist schön, mit Profisportlern zu arbeiten, die, wenn es irgendwie geht, auf dem schnellsten Weg wieder einsatzbereit sein wollen. Zudem sind die mentalen Probleme, die dabei auftreten können, auch etwas Besonderes, was du nur im Profisport erlebst. Für mich ist das die ideale Verbindung zwischen Arzt sein und der Verbindung mit dem Sport.“ Und auch als Teamarzt lässt dich der Preußenvirus nicht mehr los, wenn er dich einmal infiziert hat, wie Conny zugibt: „Das ist eine unglaubliche innige Bindung zum Verein, die ich wie eine alte Liebe bezeichnen würde. Ich habe so viele Menschen, mit denen ich so eng bin und mit denen ich so viel zu tun habe. Manchmal aber auch ein bisschen Hassliebe, weil es drunter und drüber geht, dann ist es organisatorisch schwierig, das kommt eben auch vor. Zu 95 Prozent ist es aber Liebe.“ Heute können Dr. Med. Cornelius Müller-Rensmann und Dr. Tim Hartwig auf stolze 35 Dienstjahre zurückblicken, die sie keineswegs missen wollen: „Du lernst in dieser Zeit so viele Leute kennen, die wir noch heute regelmäßig wiedersehen, mit denen wir großen Spaß haben und noch befreundet sind. Die Zeit ist total schnell vergangen.“

 

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